Gründung
Die Mürz war und ist mit einem Einzugsgebiet von rd. 1.500 km2 nicht nur der bedeutendste Nebenfluss der Mur, sondern bietet mit ihrem durchschnittlich 1 bis 1,5 km breiten Talboden auch Raum für eines der bedeutendsten Industriegebiete Österreichs. Bereits im 15. und 17. Jahrhundert entstanden hier Hammerwerke, welche ihre Errichtung in erster Linie dem Vorhandensein von speziellen Rohstoffen wie Erz, Holz und nicht zuletzt dem reichlichen Vorkommen von Wasser verdankten. Durch die zeitgeschichtliche Entwicklung und die günstige geografische Lage reiften diese Werke zu Großindustrien heran. Vorwiegend waren es eisen- und stahlverarbeitende Betriebe. Noch heute sind in diesen Industriebetrieben zahlreiche Dienstnehmer beschäftigt. Nicht nur die Schwerindustrie, sondern auch Klein- und Mittelbetriebe haben sich im Talboden dieser Region etabliert. Dadurch entstand entlang der Mürz eine schnell anwachsende Siedlungstätigkeit.
Von den zahlreichen Anliegen, die eine solche Menschenanballung nach sich zog, wurde das Problem einer ausreichenden Wasserversorgung von Bevölkerung und Industrie – damit verbunden die Frage nach Bewältigung der immer größer werdenden Mengen anfallenden Abwassers und Abfalls - in steigendem Maße akut.
In dieser Zeit trug Heinrich Scheibengraf politische Verantwortung. Sein Weitblick und jahrelange kommunalpolitische Erfahrung, aber auch sein naturwissenschaftliches Interesse ermöglichten es ihm, die drohenden Gefahren aus dem verunreinigten Siedlungs- und Industrieabwasser bereits frühzeitig zu erkennen.
Nach dem Vorbild der großen Abwasserverbände des Ruhrgebietes kam er zur Überzeugung, dass diese Aufgabenstellung in wirtschaftlichem und technisch einwandfreiem Maße nur mehr überörtlich somit regional gelöst werden kann. Er galt in seinen diesbezüglichen Ansichten als "Visionär".
Eine Informationsfahrt zu "Abwasserverbänden im Ruhrgebiet" hat sodann alle Teilnehmer von der Machbarkeit eines derartigen Gemeinschaftswerkes überzeugt. Aus diesem Grund haben sich die Gemeinden des Mürztales zu einem Wasserverband nach dem Wasserrechtsgesetz zusammengeschlossen.
Zweck und Aufgabe des Verbandes sollte es sein, den Mürzfluss in seiner natürlichen Beschaffenheit als Gebirgsfluss und die im Mürztal befindlichen Grundwasservorkommen zum Wohle der Bevölkerung zu erhalten.
Mit dieser Zielsetzung wurde am 23.11.1963 die Gründungsversammlung des Mürzverbandes auf der Burg Oberkapfenberg abgehalten.
Im Rahmen dieser Verbandsversammlung wurde neben den rechtlichen Voraussetzungen (Satzungen) auch eine Weichenstellung für die weitere Vorgangsweise vorgenommen.
Grundlage der beginnenden detaillierten Planung war vorerst eine möglichst genaue Erfassung des Wasserdargebotes und des Wasserbedarfes.
Weiters mussten die klimatischen, hydrologischen und geologisch-morphologischen Gegebenheiten berücksichtigt werden.
Überdies wurden bereits Aspekte einer wirtschaftlichen Bauphase und einer zeitgemäßen Betriebsführung berücksichtigt.
Aus der geografischen Situation heraus gab es durch die Stadtgemeinden Mürzzuschlag und Kapfenberg zwei Schwerpunkte, die ca. 45 km voneinander entfernt waren. Dazwischen befanden sich Gemeinden, die eher einen ländlichen Charakter aufwiesen.
Bei den Planungsarbeiten musste daher der Umstand berücksichtigt werden, dass in den vorher erwähnten Stadtgemeinden bereits Kanalanlagen im Mischsystem vorhanden waren, welche es galt in die Gesamtkonzeption einzugliedern. Nach eingehenden Überlegungen und umfassenden Projektierungsleistungen konnte ein Konzept ausgearbeitet werden, welches nach Meinung der Fachleute und der Verantwortungsträger aller Mitgliedsgemeinden eine optimale abwassertechnische Sanierung des gesamten Talabschnittes ermöglichte. Dieses Projekt sah vor, das rd. 60 km lange Mürztal in 4 autonome Verbandsabschnitte zu unterteilen. Das gesammelte kommunale Abwasser sollte demnach von den Gemeinden der jeweiligen Verbandsabschnitte über die Ortskanalisation in einen Verbandshauptsammler abgeführt und einer vollbiologischen Abwasserreinigungsanlage zugeleitet werden. Dieses Gesamtprojekt wurde sodann am 9.4.1965 im Volksheim Wartberg anlässlich der Festlegung des Aufgabengebietes des Mürzverbandes sowie der angeschlossenen Mitgliedsgemeinden sozusagen als "Sanierungsplan" vorgegeben.